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PresseDie zugehörige Pressemitteilung mit drei Infografiken steht für Journalisten im Pressebereich bereit:
AutorenFrank Roselieb / Maria Deichmann Erstveröffentlichung im Krisennavigator (ISSN 1619-2389): Vervielfältigung und Verbreitung - auch auszugsweise - nur mit ausdrücklicher |
von Frank Roselieb und Maria Deichmann
Anlässlich des dritten Jahrestages der Flutkatastrophe 2021 in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen hat das Krisennavigator – Institut für Krisenforschung, ein Spin-Off der Universität Kiel, in der Zeit vom 12. Juli 2024 bis zum 11. Oktober 2024 alle rund 400 kommunalen Behörden und Ämter für Katastrophenschutz in Deutschland schriftlich befragt. Insgesamt haben 158 Landkreise und kreisfreie Städte die 16 Fragen zum aktuellen Stand und bestehenden Verbesserungsbedarf des Katastrophenschutzes anonym beantwortet (Rücklaufquote: 38 Prozent). Die Ergebnisse wurden am 27. Dezember 2024 in Kiel vorgestellt.
Die kommunalen Katastrophenschützer decken ein breites Tätigkeitsspektrum ab – vom Katastrophenschutz (99 Prozent) über das Krisenmanagement (90 Prozent) bis zum Zivilschutz (89 Prozent). Dabei können sie im Behördenalltag im Durchschnitt auf 4,6 hauptamtlich tätige Mitarbeiter zurückgreifen und setzen bei der Vorbereitung auf Krisen- und Katastrophenfälle ein recht umfangreiches Instrumentarium ein: Am häufigsten Stabsübungen und Medientrainings (88 Prozent), gefolgt von Checklisten, Plänen und Portalen (81 Prozent). KI-Tools für die Einsatzplanung, Vorhersage oder Bürgerkommunikation spielen dagegen bislang fast keine Rolle (4 Prozent).
Neun von zehn der befragten Landkreise und kreisfreien Städte (92 Prozent) haben den Ernstfall im Drei-Jahres-Zeitraum (Juli 2021 bis Juni 2024) tatsächlich erlebt. Jede vierte Gebietskörperschaft musste im Untersuchungszeitraum sogar mehr als drei Krisen- und Katastrophenfälle bewältigen (25 Prozent). Inhaltlich dominierten dabei gesundheitsbezogene Fälle – allen voran die Corona-Pandemie (77 Prozent). Hochwasser- und Dürre-Ereignisse oder Waldbrände sowie andere umweltbezogene Krisen- und Katastrophenfälle standen bei zwei von drei Gebietskörperschaften auf der Agenda (68 Prozent).
Den größten Verbesserungsbedarf auf kommunaler Ebene machen die Befragten bei ihrer Ausstattung aus: 56 Prozent wünschen sich mehr Personal, Budgetmittel, Material und Ausbildungsmöglichkeiten. Adressiert an die Landesebene erwarten 44 Prozent einheitliche Standards, landesweit abgestimmte Konzepte und eine bessere Koordination der Maßnahmenumsetzung. Vom Bund wünschen sich 37 Prozent die Einführung von einheitlichen Systemen und die Übernahme der konzeptionellen Gesamtverantwortung. Gleichzeitig bemängeln 27 Prozent die fehlende Kommunikation durch Bundeseinrichtungen.
Insgesamt bewegt sich die kommunale Krisen- und Katastrophenresilienz in den befragten Gebietskörperschaften auf einem befriedigenden bis sehr guten Niveau. Die Katastrophenschützer verfügen zwar über einen sehr hohen Erfahrungsgrad aus Übungen oder „Echtfällen“ von 4,6 (auf einer Skala von 1 "sehr niedrig" bis 5 "sehr hoch"). Bei der Ausstattung besteht jedoch noch "Luft nach oben": Auf einer Schulnotenskala (von 1 "sehr gut" bis 5 "mangelhaft") bewerten sie ihre eigene Ausstattung (z.B. Räumlichkeiten) und ihre Prozessorganisation (z.B. Stabsführung) im Durchschnitt mit der Note 2,6 – also lediglich befriedigend. Die Zusammenarbeit mit den internen und externen Akteuren wird dagegen im Durchschnitt mit der Note 2,3 – also gut – bewertet.
Beim Blick in die Zukunft sehen sich die kommunalen Katastrophenschützer auch weiterhin stark gefordert. Sie erwarten eine wachsende Komplexität der Krisen- und Katastrophenfälle (87 Prozent) – bei steigender Vielfalt (78 Prozent), Anzahl (72 Prozent) und Dauer (63 Prozent). Trotz dieser Herausforderungen prognostiziert knapp jeder zweite Befragte einen lediglich gleichbleibenden Personalbestand (46 Prozent) sowie ein unverändertes Budget für Katastrophenprävention (41 Prozent) und Katastrophenbewältigung (42 Prozent).
Die Frage nach einem "angemessenen" Katastrophenschutzbudget lässt sich allerdings nur schwer beantworten. Die Ausgaben pro Bürger schwankten 2023 zwischen EUR 0,77 in Baden-Württemberg und EUR 21,02 in Thüringen – bei nur sehr bedingter Vergleichbarkeit der Bundesländer, da diese die entsprechenden Budgetmittel in ihren Haushalten höchst unterschiedlich erfassen. Hinzukommen EUR 8,59 vom Bund.
Um ihren Forderungen nach "mehr Geld für den Katastrophenschutz" Nachdruck zu verleihen, sollten die Landkreise und kreisfreien Städte daher ein Katastrophencontrolling etablieren. Dieses könnte den Grad einer "angemessenen" Ausstattung beispielweise anhand landes- oder bundesweit einheitlicher organisatorischer, ökonomischer und rechtlicher Zielgrößen definieren. Gleichwohl stellen Krisen und Katastrophen stark unterschiedliche Anforderungen an die Kommunen, so dass hinreichende Freiheitsgrade unabdingbar sind.
Die ausführlichen Studienergebnisse sind in folgendem Arbeitspapier enthalten. Dieses wird auch im Heft 02/2025 der Zeitschrift "KSI" veröffentlicht.
Frank Roselieb / Maria Deichmann, Ergebnisse der Katastrophenschutzumfrage 2024 – Status-Quo und Verbesserungsbedarf im Bevölkerungsschutz der Landkreise und kreisfreien Städte in Deutschland, Arbeitspapier Krisennavigator (ISSN 1610-1855), Kiel, 2024, 25 Seiten. | Bestellen (KSI, 02/25) | |
Die zugehörige Pressemitteilung mit drei Infografiken steht für Journalisten im Pressebereich bereit:
Frank Roselieb / Maria Deichmann
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Erstveröffentlichung im Krisennavigator (ISSN 1619-2389):
27. Jahrgang (2024), Ausgabe 12 (Dezember)
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Letzte Aktualisierung: Samstag, 25. Januar 2025
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